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Doertenbach, Georg Martin

Doertenbach, Georg Martin

Johann Georgs ältester Sohn, Georg Martin, geboren den  31. Mai 1822, verlebte seine  erste Jugend in Calw, wo er, wie auch später seine Geschwister, von dem treu besorgten Vater eine vortreffliche Erziehung, namentlich auch in religiöser Hinsicht erhielt. Nachdem er  dann das Polytechnikum in Stuttgart besucht und zur  Erlernung der französischen Sprache einige Zeit in der französischen Schweiz zugebracht  hatte,   bereitete er  sich  in Holland auf den kaufmännischen Beruf vor und erwarb sich späterhin noch in England umfassende Kenntnisse.

Nachdem mit dem 1. Januar 1845 von Doertenbach & Cie. die Kommandite in Stuttgart errichtet worden war, deren Geschäfte hauptsächlich in Kommission und Inkasso und in Besorgung derjenigen Geschäfte bestehen sollte, welche das Haus in Calw zu übertragen für gut fände, übernahm er mit   Emil Georgii, mit dem ihn von  Jugend  an  eine  innige,  während der langen Jahre gemeinsamen Wirkens nie getrübte Freundschaft verband, die Leitung dieses Geschäftes, welches in dem später von den Beiden wieder erworbenen und auch bewohnten Calwerhaus geführt wurde.

 

Ein bescheidener, anspruchsloser Mann, verband er mit klaren und verständigen Anschauungen eine außerordentliche Geschäftskenntnis und - Gewandtheit, durch die er das Seine dazu beitrug, dass der Geschäftskreis der Firma - mit der seit 1847 auch die kgl. Staatshauptkasse in Abrechnungsverkehr steht, indem sie ihr den Einzug der bei den kgl. Salinen und Hüttenämtern einlaufenden Wechsel übertrug - immer ausgedehnter wurde; hierzu gehört unter anderem die in Gemeinschaft mit einigen befreundeten Häusern, namentlich Rothschild in Frankfurt, erfolgte Übernahme mehrerer württembergischer Staatsanleihen, eines solchen der vereinigten Schweizerbahnen 1858, der Zentralbahn und Nordostbahn, eines Eidgenössischen Anlehens 1867 und eines Stuttgarter Stadt Anlehens 1877; ferner die Mitwirkung bei der Gründung der württembergischen Baumwollspinnerei und Weberei bei Esslingen, der Kammgarnspinnerei  Bietigheim, der Stuttgarter Straßenbahnen, der Deutschen Verlags-Anstalt, bei welchen Gesellschaften er, wie bei einigen weiteren, zum Beispiel der Württembergischen und der Frankfurter Hypothekenbank, Mitglied des Aufsichtsrats war.

 

Mehrere Jahre bekleidete er das Amt eines Handelsrichters und wurde in die Vorstandschaft der württembergischen Sparkasse berufen. 1869 wurde er zum bayrischen Konsul ernannt und erhielt 1889 den Titel eines Generalkonsuls.

 

Auch für das Vaterland hatte er ein reges und warmes Interesse. Seine umfassenden Kenntnisse und seinen scharfen Blick für das Rechte und Notwendige in den Dienst der Gesamtheit zu stellen, gab ihm die Wahl zum Abgeordneten für Calw, Nagold, Neuenbürg, Leonberg, Böblingen in das Zollparlament von 1868-1870 Gelegenheit.

Sein Beruf, dem er sich mit voller Hingabe widmete, ließ ihn niemals die Pflichten und Freuden des Familienlebens vergessen; seine Interessen waren nicht einseitiger  Art,  er  hatte  gleichermaßen  Sinn für Literatur wie für Kunst und Wissenschaft. Sein milder, freundlicher Charakter, seine edle, vornehme Gesinnung und sein liebenswürdiges Wesen machten ihn jedem zum Freund, mit dem er in nähere Berührung kam, und auch in den weitesten Kreisen war er geschätzt und beliebt.

 

Eine große Anhänglichkeit bewahrte er seiner Vaterstadt Calw, wo er stets gerne im Sommer, auf dem von seinem Vater ererbten, Landhause einige Wochen verbrachte. Ein bleibendes Denkmal hat er sich dort geschaffen durch ein in Verbindung mit seinen beiden Schwestern  und  der  Witwe  seines Bruders gestiftetes gemaltes Kirchenfenster in die Stadtkirche.

 

Am 22. September 1849 vermählte er sich mit Luise, der Tochter des Kaufmanns David Heinrich Schnabel. Die glückliche Ehe war gesegnet mit drei Töchtern und einem Sohn. Von den ersteren wurde jedoch die 17jährige Melanie im Jahr 1870 den Eltern durch den Tod entrissen; zu ihrem Andenken wurde von denselben eine Stiftung zur Bekleidung armer Konfirmanden errichtet. Einen weiteren herben Schmerz erfuhr er durch das rasche Hinscheiden  seines Schwiegersohnes, Freiherrn Alfred von Röder.

 

Während mehrere Jahre ein regelmäßiger Besuch von Karlsbad von heilsamem Einfluss auf seine Gesundheit war, hatte sich doch langsam und  unvermerkt der Keim eines tödlichen Leidens bei ihm eingeschlichen, dem er am 7. Februar 1891 erlag.